Geistlicher Impuls

Radikale Hoffnung


Die dauernde Überflutung der Menschen mit Hass und Hetze hat schwere Auswirkungen auf die seelische Gesundheit. Pastorin Annette Behnken sprach in ihrem Wort zum Sonntag am 20. September 2025 über die „Vergiftung der Seelen" und über das, was uns heilen kann.
 

Bei der Mitgliederversammlung der Evangelischen Frauen im Rheinland ergänzte Pfarrerin Dagmar Müller diese Gedanken durch ein Nachdenken darüber, was unzufrieden und zufrieden macht:

Annette Behnken hat am vergangenen Samstag sehr wahre Worte gesprochen. Unsere Gesellschaft wird immer mehr vergiftet. Fakten sind nicht mehr Fakten, und Hass ist Meinung. Diese Meinung bekommt Annette Behnken im Nachgang zu ihren Worten deutlich zu spüren. Sie hat die Kommentarfunktionen in ihrem Instgram-Account gesperrt, denn dort kam der Hass an, der sie beschuldigte, selbst Hass zu säen. Im rechtskonservativen christlichen Magazin Ikea wurde sie natürlich auch kritisiert. Und man konnte in den sozialen Medien die Kommentare der frommen Christen lesen, die böse, frauenverachtend und hasserfüllt sind. Da haben sich die wahren Christen, die sich bibeltreu nennen, ausgetobt. Es geht der tiefe Riss also auch mitten durch unsere christliche Gemeinschaft. Es macht einfach nur ratlos und auch sprachlos.

Wir sind eine erschöpfte Gesellschaft. Wir sehen viele ratlose Politiker:innen, die auch einen Richtungsstreit ausfechten. Und ich nehme fast allen demokratisch Gesinnten ab, was Gutes und Konstruktives zu wollen. Und doch geht so viel in die Hose!
Wir leben in einem Staat, in dem es den meisten gut geht – und doch so viele unzufrieden sind. Sind Sie unzufrieden oder zufrieden?

Was macht unzufrieden? Ich habe versucht, mich da hineinzudenken, denn das ist überhaupt nicht mein Terrain. Mir fallen einige Dinge ein, die unfroh machen: das Gefühl, nicht gesehen zu werden; die Angst, zu kurz zu kommen; keine Liebe leben zu können und keine guten Gespräche zu haben; keinen Grund zum Lachen zu finden und keinen Trost, wenn man traurig ist; wenn man sich ausgeliefert fühlt und sich als Opfer sieht und da auch nicht rauskommt oder rauswill. Enttäuschungen, Ängste, Selbstmitleid. Und ich glaube, dass sowohl die strukturelle soziale Ungerechtigkeit und damit Armut, die wir mittlerweile auch in unserem Land deutlich sehen, und die Angst vor Veränderungen, die gerade absolut notwendig und unvermeidbar sind, viele hilflos und wütend machen.

Wenn das keinen Ausgleich finden kann, dann kommt Verbitterung und Hass.
Manchmal kenne ich durchaus den Anflug des einen oder anderen aus meiner Aufzählung der Unglücksfaktoren, und ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht zu sehr deprimiert.
Aber ich weiß auch aus meinem persönlichen Leben, aus meinem privaten Umfeld und natürlich aus meiner Arbeit mit Menschen, dass es gute Medizin dagegen gibt - und ich meine nicht Schokolade, Alkohol, einen Joint oder andere pharmakologischen Mittelchen.

Annette Behnken nennt die Medizin „Radikale Hoffnung!“ und die will gelebt werden. Wie? Das beschreibt uns sehr gut Paulus im Kolosserbrief, Kapitel 3:

12 Geschwister, ihr seid von Gott erwählt, ihr gehört zu seinem heiligen Volk, ihr seid von Gott geliebt. Darum kleidet euch nun in tiefes Mitgefühl, in Freundlichkeit, Bescheidenheit, Rücksichtnahme und Geduld. 13 Geht nachsichtig miteinander um und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat. … 14 Vor allem aber bekleidet euch mit der Liebe; sie ist das Band, das euch zu einer vollkommenen Einheit zusammenschließt. 15 Der Frieden, der von Christus kommt, regiere euer Herz und alles, was ihr tut! Als Glieder eines Leibes seid ihr dazu berufen, miteinander in diesem Frieden zu leben. Und seid voll Dankbarkeit ´gegenüber Gott`! 

Das ist unser biblischer Beitrag zu der in vielen Büchern bearbeiteten Frage, wie man glücklich werden kann.

Was dabei aber grundlegend anders ist als in der Aufzählung zum Unglücklichsein ist die Abkehr vom eigenen Spiegelbild, dem Drehen um meine Befindlichkeit hin zu den Anderen. Zufrieden wird man in der Gestaltung des Miteinanders, im gemeinsamen Bewältigen der Herausforderungen, durch Selbstüberwindung, Großzügigkeit, gemeinsames Lachen und Tanzen, einfach durch die goldenen Momente im Leben. Sie geben Kraft und Zufriedenheit. Es ist in der Heiligen Schrift viel über den Weg zur Zufriedenheit geschrieben worden. Und wir sind aufgefordert, unsere Erfahrungen hinzuzufügen als lebendig gewordene gute Bibelworte.

Wer dann noch seinen Frieden mit und in Gott findet, das heißt, sich mit seinem Sein und seinem So-Sein immer wieder in seine Gegenwart begibt, der hat das Gütesiegel am goldenen Band gewonnen.

Ein solches goldenes Band habe ich heute für alle dabei, obwohl ich nicht weiß, ob Sie sich schon selbst als solche ansehen würden, die dieses Gütesiegel der Zufriedenheit am goldenen Band verdient haben. Aber darüber können Sie ja nachdenken. Nehmen Sie es als Lesezeichen in Ihre Bibel mit. Oder für Ihren Roman, der Ihnen gerade Freude macht. Knoten Sie es gut sichtbar an einen Küchenschrank oder legen Sie ein Stück davon ins Portemonnaie. Wie auch immer – lassen Sie sich erinnern an unsere „Radikale Hoffnung", an die Liebe, die den Tod überwunden hat. Und wachsen Sie in Ihrer Zufriedenheit! Amen!